Das Projekt und seine Spezifikationen: Die Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals in Brunsbüttel – Teil 3

In den vergangenen Wochen haben wir bereits das Vermessungsprojekt zur Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals ins Brunsbüttel vorgestellt. Heute gewährt Michael Duda, leitender Vermesser seit Projektbeginn vor sieben Jahren, uns einen detaillierten Einblick in den Ablauf und die Spezifikationen des Projekts.

Michael Duda über die Spezifikationen des Projekts:

20 Meter unter dem Meeresspiegel geben wir Bauachsen und Höhen an. Vor jeder Betonage wird von uns die Schalung kontrolliert, die dem Beton die Form gibt. Dabei muss extrem genau gearbeitet werden. Irgendwann soll hier schließlich mal das Schleusentor hin- und her fahren. In der ersten Baugrube haben wir uns zurzeit bis zur Höhe von einem Meter über NHN (Normalhöhennull) hochgearbeitet. Insgesamt sind ca. 70 Einzelbetonagen nur in dieser einen Baugrube erforderlich, um die Wände herzustellen.

Wir arbeiten und bauen unter vollem Betrieb der bestehenden Schleusen – deshalb ist es unerlässlich zu überprüfen, ob Deformationen an den 100 Jahre alten Bauwerken entstehen, die letztlich zu einer Gefahr werden könnten. Wir haben deshalb in den angrenzenden bestehenden Schleusenkammerwänden Kontrollpunkte eingebracht und ein geodätisches Monitoring installiert. Von vier Tachymetern werden diese Kontrollpunkte seit mittlerweile sechs Jahren im Abstand von 20 Minuten Tag und Nacht automatisch angemessen und Koordinatendifferenzen ermittelt. Bei Auffälligkeiten, Störungen und Toleranzüberschreitungen werden vom Messsystem automatische Nachrichten an die verantwortlichen Personen gesendet.

Ergänzt wird dieses geodätische Monitoring durch einige geotechnische Komponenten wie z.B. Neigungssensoren, Schlauchwaagen, automatische Präzisionslote und Ankerkraftdosen. In vielen Bereichen werden von uns aber auch turnusmäßig händische Kontrollmessungen durchgeführt. Dabei wollen wir auch wissen, wie sich die neu erstellten Bauteile verhalten, nicht zuletzt, um die Arbeiter auf der Baustelle zu schützen. In vordefinierten Abständen werden Kontrollpunkte an den Spundwandköpfen gemessen und alle Veränderungen graphisch dargestellt. Das ist wichtig! Wenn ich in der Baugrube 20 Meter unter der Wasserlinie arbeite, will ich, wie alle anderen, das Gefühl haben, dass alles sicher ist.

Zusätzlich kontrollieren wir deshalb sogar die Neigung der Baugrubenwände durch Inklinometermessungen. Dabei wird eine Sonde in einem Messrohr heruntergelassen und die Neigung des Messrohrs bestimmt. Nach Erdarbeiten in der Baugrube oder nach dem Lenzen können wir dann die Veränderungen der Wand in einem Diagramm darstellen.

Wir geben dem Auftraggeber also jede Menge Informationen zur Beurteilung der aktuellen Situation an die Hand. Durch die Statik sind Toleranzgrenzen für die Abweichungen vorgegeben.

Wie oft werden die Daten ausgewertet? Gibt es besondere Datenauswertungen, welche angewandt werden?

Früher hat man nach der Vermessung dem Polier eine Skizze in die Hand gedrückt… Diese Zeiten sind aber seit mindestens 10 Jahren vorbei. Heute geben wir zu jeder Messung einen Messbericht mit Feldriss und Messdaten ab. Alles muss prüfbar aufbereitet sein. Zusätzlich müssen alle Rohdaten so eingereicht werden, dass sie von dritter Stelle geprüft und nachvollzogen werden können – Wegradieren in der Originalskizze ist nicht mehr…

Alle Messungen werten wir zeitnah aus, bereiten sie hier und im Innendienst auf und übergeben sie an den Kunden. Mein Kollege Herr Tirre und ich sind da seit 20 Jahren ein eingespieltes Team. Klar ist: Bei Kontrollmessungen müssen wir grundsätzlich eine Genauigkeit von 1,4 mm einhalten. Das ist mit einer einfachen Messung nicht zu erreichen. Durch Messung mehrerer Sätze von verschiedenen Standpunkten auf die Kontrollpunkte und Punkte des Festpunktfeldes ergibt sich eine Überbestimmung von Richtungen und Strecken.

Das Projekt und seine Spezifikationen: Die Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals in Brunsbüttel - Teil 3 1

Mit der Ausgleichungssoftware PANDA (Programm zur Ausgleichung von Netzen und Deformationsanalyse) können wir dann die endgültigen Koordinaten berechnen und erkennen, wie gut die Festpunkte noch passen. Mit Augenmaß: Allein durch Tideeinflüsse verändern sich manche Punkte leicht und werden dann aus der Berechnung entfernt. Insgesamt erreichen wir Standardabweichungen von ca. 0,5 mm in Lage und Höhe für die Kontrollpunkte – ein unglaublich genauer Wert.

Fortsetzung folgt: Teil 4 – Vermesser als Beruf(ung) erscheint in einer Woche!

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Gerne informieren wir Sie persönlich!

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